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raum für kulinarische angelegenheiten

Wir trafen uns an seinem Küchentisch.

Bei einfachem Essen, gutem Wein,

und echtem Bremer Tafelwasser.

Ein gutes Gespräch über dies und das,

ohne roten Faden. Einfach so!


Erzähl uns ein wenig über dich. Wer bist du und was hast du bisher gemacht? 

Ich koche seit 1981. Gelernt im damals legendären Restaurant Flett im Haus St. Petrus in der Böttcherstr. in Bremen. Klassische Bremer und überregionale Küche im gehobenen Stil. Ausgebildet von Meistern und Gesellen der klassischen Küche. Während der Bundeswehrzeit als "W15er" habe ich 1986 meine Ausbilder-Eignungsprüfung (AEVO) abgelegt. Weiter ging es für  15 Jahren nach Oldenburg. Eine spannende Zeit mit vielen Höhen & Tiefen und drei eigenen Gastronomiebetrieben. 2001 wieder zurück in Bremen und hier geblieben. Tief verwurzelt in dieser Stadt. Darüber bin ich sehr dankbar!

Und was passierte dann? 

Ich bin einige Jahre herumgezogen. Nach den Jahren in Oldenburg wollte ich wieder freier sein. Ende 2005 las ich eine Stellenanzeige im Weser-Kurier, dass das Weser-Stadion einen Küchenleiter sucht.

Du hast die Stelle bekommen, oder? 

Ich weiß bis heute nicht, warum. Auf jeden Fall war es eine besondere Aufgabe, die ich mit wunderbaren Kollegen erledigen durfte. Diese Jahre waren etwas ganz Außergewöhnliches in meiner beruflichen Vita.

Wie muss ich mir diese spannende Aufgabe vorstellen? 

Zu den Aufgaben, die meine Arbeit immer wieder bestimmen, gehörten die Erstellung von Speiseplänen, Kalkulationen, Budgetplanungen, Warenbestellungen für Veranstaltungen für bis zu 3.500 Personen z.b. an Spieltagen der Fußball-Bundesliga. Verantwortlich für 80 festangestellte und teilzeitbeschäftigte Kollegen.

Ein außergewöhnlicher Arbeitsplatz? 

Ja, das war er. Während dieser Zeit habe ich neben den Heimspielen des SV Werder Bremen viele große und kleine Veranstaltungen mit begleitet. Allen voran die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Das waren vier spannende Wochen in Köln und Stuttgart. Höhepunkte waren die letzten beiden Open-Air-Konzerte mit Depesche Mode 2006 und Herbert Grönemeyer 2007 im Bremer Weserstadion. 2008 dann die IAA Nutzfahrzeuge in Hannover. Dort waren wir für das Catering eines großen Busunternehmens in Süddeutschland verantwortlich.

Wie waren die Special Olympics 2010? 

Unvergessen! Die wohl größte berufliche Erfahrung waren die nationalen Sommerspiele 2010 in Bremen. Gemeinsam mit meinen Kollegen von EUREST Sports & Food war ich für die Verpflegung der Teilnehmer, Betreuer und Angehörigen operativ verantwortlich. In den 5 Tagen wurden täglich mehr als 6.000 Mahlzeiten produziert und auf 7 Ausgabestationen im Bremer Stadtgebiet verteilt. Eine aufregende Aufgabe mit einer großen logistischen Herausforderung.

Was hat dich zum Kochen gebracht? 

Ich wollte Tischler werden. Dafür hat es damals leider nicht gereicht. Also bin ich Koch geworden. Sollte wohl so sein. *Lächelt*

Was ist deine treibende Kraft? 

Ich mache mir Gedanken über meinen Beruf und über das Gewerbe, in dem ich arbeite. Ich möchte immer neue Wege gehen. Den Mut zu haben, hinzufallen! Die Kraft zu haben, wieder aufzustehen, wenn der Weg falsch ist. Mit dem "GRÄTENFISH" habe ich in Bremen ein Restaurant aufgebaut, in dem es nur Fisch gab. Bis auf ein paar vegetarische Gerichte gab es nur Fisch. Und dann auch mit GRÄTEN. Ich wollte etwas anderes machen.

Wie haben die Gäste das Konzept angenommen? 

Ganz unterschiedlich. Manche fanden es toll, dass es wieder ein richtiges Fischrestaurant in Bremen gibt. Andere wiederum fanden es einfach nur Scheiße. *Schmunzelt*. Dass es Leute gibt, die sich an dem Namen stören, hätte ich nie gedacht. In den ersten Monaten war es ein ziemlicher Spießrutenlauf. Danach hat es mich nicht mehr gestört.

Wie bist du auf den Namen "GRÄTENFISH" gekommen? 

An einigen Abenden vor dem Computer, mit Wasser; Aquavit und Bier. Konzeptfindung sollte es sein. *Kratzt sich am Kopf.* Irgendwann hatte ich die Idee. Der Rest ergab sich in den nächsten Tagen. Vieles hat sich dann, im Laufe der Zeit, wieder verändert, aber die deutsche "Gräte" mit dem englischen "Fish" ist geblieben.

Nach fünf Jahren hast du das Restaurant geschlossen. Warum eigentlich? 

Das Restaurant-Geschäft an sich ist ja nicht unbedingt ein Geschenk. Wir konnten uns einen großen Kreis von Stammgästen aufbauen. Doch der wirtschaftliche Aspekt ist für ein kleines Restaurant mit 30 Plätzen schon prägend. Einerseits wird man für seine Arbeit in der Küche und als Gastgeber geschätzt. Andererseits wird beklagt, dass alles viel zu teuer ist. Das nervt auf die Dauer. Da fragt man sich schon, warum man an 6 Tagen in der Woche 70 Stunden arbeiten muss. Doch die Zeit hat mir sehr viel gegeben.

Wie motivierst du dich? 

Einfach machen, dann weitermachen und nicht aufhören. Fällst du auf die Nase, steh gefälligst wieder auf! Zeig den Leuten, die nicht daran glauben, dass es möglich ist. Mit Mut, Herz, Leidenschaft und einer großen Klappe. Doch leichter ist es aufs Maul zu fallen, als wieder aufzustehen! Das kannst du mir glauben. *Grinst*

Du bist ein echter Bremer, an welchen Orten in der Stadt fühlst du dich zu Hause? 

Dort, wo ich zur Welt gekommen bin, in der Nähe des St. Joseph-Stifts. Auf dem Grundstück meiner ersten Schule und meinen heutigen Nachbarn. Dort ist mein Zuhause, meine Heimat. Ansonsten sind meine Lieblingsplätze ohne Frage das Weser-Stadion, das Bootshaus am Weserbogen mit Blick auf die umgestürzte Kommode, im Bürgerpark die gute alte Emma im Bürgerpark und der Sielwall 1. Grade dieser Ort ist für mich etwas Besonderes. Hier begegnen sich Menschen aus allen Schichten des Bremer Lebens. Den meisten geht es nicht sonderlich gut. Die einen möchten es so, andere wiederum nicht. Es sind einen Haufen Tragödien, die dort umherziehen. Jedenfalls macht mich das jedes Mal sehr nachdenklich. Oft bin ich dort bei Deniz, trinke ein Hemelinger, esse einen Döner, setze mich auf die kleine Treppe und beobachte das Treiben am Eck. Diese Momente "erden" mich immer!

Drei kurze Fragen, drei kurze Antworten: Größte Stärke / Größte Schwäche? Ich sage, was ich denke, / Ich sage, was ich denke. Lieblingstier? Elefanten. Lieblingszitat?  Was haben Sie in Ihrem Leben schon auf die Beine gestellt? Mich, immer und immer wieder!

Was machst du heute? 

Als Selbstständiger arbeite ich für Unternehmen, die ihren Mitarbeitern oder Gästen eine gesunde Küche anbieten wollen. Darüber hinaus bewirtschafte ich das Oelzweig-Haus in Bremen. An der Bremer Volkshochschule gebe ich Kochkurse mit professionellem Hintergrund. Veranstaltungen, bei denen es mir Spaß macht, den Menschen zu zeigen, wie einfach Kochen eigentlich sein kann. Dann bin ich mit meinem "GRÄTENFISCH on Tour" unterwegs. Immer mal wieder, mit verschiedenen Veranstaltungen.

Ein Restaurant auf Reisen, wie kann man sich das vorstellen? 

Sehr einfach! Wir packen unsere Siebensachen zusammen und gehen dorthin, wo unsere Gäste sind. Das kann sowohl bei Ihnen zu Hause, in der Firma oder an einem anderen Ort sein. Wir haben alles dabei, was gewünscht wird: Köche und gut geschultes Servicepersonal, gutes Essen, Geschirr und Gläser. Und wenn nötig, sogar eine ganze Küche.

Bleibt bei all dem noch Zeit für dich? 

Die Zeit nehme ich mir! Lese und höre gerne Blogs und Podcasts im Internet zu allen möglichen Themen. Das Fotografieren habe ich während der Pandemie für mich entdeckt - eine tolle Möglichkeit, Menschen Dinge aus meiner Sicht zu zeigen. Schreibe einen kleinen Blog mit Kurzgeschichten und Rezepten, aber er ist noch nicht öffentlich. Bin gerne in der Schauburg oder Gondel im Kino. Zeit und Genuss verbringe ich mit meinen Leuten im Restaurant - das sind wichtige Momente für mich. Oft schleiche ich mich dabei in die jeweilige Küche und versuche ein kurzes Gespräch mit den Kollegen zu suchen. Einfach nur mal um Danke, für ein gutes Essen, zu sagen.

Was ist deine Lieblingsküche? 

Die asiatische Küche geht bei mir immer. Die Mittelmeerküche hat einen großen Einfluss auf meine eigene Küche. Vegetarische und vegane Küche finde ich besonders spannend, weil sie unglaublich vielfältig ist. Und Fisch mit Gräten sowieso!

Was darf in deiner Küche auf keinen Fall fehlen? 

Viele frische Kräuter, die richtigen Gewürze und der Mut zum Improvisieren!

Abschließende Frage: Und mit wem würdest du gerne mal am Herd stehen, kochen, plaudern und guten Wein trinken?

Mit jedem, der Freude an echten Lebensmitteln hat und sie mit Respekt behandelt. Anthony Bourdain, das wäre ein Traum gewesen! Er hat unseren Beruf wahrscheinlich gelebt, wie nur ganz wenige Köche. Leider ist er nicht mehr unter uns. Außerdem mit jedem, der eine Haltung, Meinung und was zu erzählen hat. Das ist mir wichtig!

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